Daniel in Nikaragua, Lena in Bolivien

die_profesores_und_die_freiwilligenDaniels Abschlussbericht aus Nicaragua und Lenas Abschlussbericht aus Bolivien.

"Liebe Leser,
Mehr als die Hälfte meiner Zeit hier in Nicaragua ist bereits vorbei. Eingelebt habe ich mich, die Sprache spreche ich ausreichend und die Kultur hab ich größtenteils kennen gelernt (auch wenn ich vieles davon noch nicht verstehe). Das Zwischentreffen ist vorüber und der Besuch von unserem Koordinator Jo liegt auch hinter mir! Was bleibt? Hoffnung, Erwartungen, Ideen für eine tolle zweite Hälfte, aber auch Eingeständnisse darüber, dass ich mit meiner Arbeit hier nicht viel erreichen kann. Es bleiben über 5 Monate teils harter, teils toller Arbeit! Dieser Bericht geht darüber, was ich bis jetzt erreicht habe und was die Arbeit erschwert. Ein Bericht, der auch die Kehrseite meines Freiwilligendienstes beleuchten soll."

Weitere Berichte aus Nicaragua: Selbstversuch - Leben mit einem Dollar am Tag, Religion und Politik in Nicaragua

Lena hat uns auch einen Bericht aus Bolivien gesand: Ein Tag in einem Wohnheim für ehemalige Straßenkinder, Die Silberstadt Potosi, Straßenbau im Territorium der Indianer

Daniel ist nach dem Abitur an der Wilma nun in Nikaragua und betreut dort Straßenkinder.

"Ich habe im ersten Monat hier in Nicaragua schon so unglaublich viel erlebt, gesehen und gelernt, dass ich mich lange nicht entscheiden konnte, ob ich meinen ersten Erfahrungsbericht dem Kulturschock widme, oder der Arbeit in meinem Projekt. Deswegen habe ich mir überlegt, dass ich einfach einen normalen Tag, vom Aufstehen bis hin zum ins Bett gehen beschreibe und sowohl ein bisschen über die kulturellen Unterschiede, als auch über meine Projektarbeit berichte." 

1. Erfahrungsbericht                                 3. Oktober 2010 

Ein Tag in Matagalpa

von Daniel Kuske

 
Liebe Leser

Vorher erzähle ich aber noch kurz was bis jetzt passiert ist.

Viel Spaß beim Lesen!
 
Die ersten Wochen:

Ich bin am 20. August mit den anderen 11 Freiwilligen meiner Organisation gut in der Hauptstadt Nicaraguas, in Managua, angekommen. Wir wurden von einem ehemaligen Freiwilligen vom Flughafen abgeholt und nach Masaya gebracht. Dort haben wir eine Woche lang unser On-Arrival-Training genossen. Die ehemaligen Freiwilligen haben uns Kultur, Land und Leute ein bisschen näher gebracht, was bei vielen schon zu dem ersten kleinen Kulturschock geführt hat.
 ameisen blick_vom_cero_apante_auf_matagalpa blume  gitarre_hngematte
 hausaufgabenbertreuung_hormiguitas  jose_und_daniel  maike_und_daniel_auf_dem_cero_apante  mobile_schule_auf_dem_weg_zurck_ins_projekt

Nach einer sehr tollen Abschiedsparty an einem unglaublich schönen Kratersee, ging es dann für alle Freiwilligen in ihre neuen Heimatstädte. Meine Mitfreiwillige Maike und Ich haben den ersten Überblick über die hüglige und sehr grüne Bergstadt Matagalpa bekommen und uns wurde unsere sehr große und gemütliche WG gezeigt. Für anderthalb Wochen besuchten wir unser Projekt zusammen mit den Ehemaligen, die uns in alle Arbeitsfelder einführten und uns die vielen Projektkinder vorstellten. Danach haben wir die Arbeit komplett übernommen und sind in unsere Gastfamilien gezogen. Dort sollen wir Kultur und Sprache besser kennen lernen. In unserem Fall sind unsere Gastfamilien die Familien unserer „Profesoras“, damit wir direkt von Anfang an einen besseren Draht zu unserem Arbeitsteam haben. Die Zeit in der Gastfamilie ist jetzt schon fast wieder vorbei.

Ansonsten besuchen wir fast täglich die Sprachschule „Matagalpa-Tours“ und machen viel mit den Leuten die wir bis jetzt hier schon kennen gelernt haben.

 

Ein Tag in Nicaragua:

Der Wecker, der mich in Deutschland jeden Morgen aus dem Bett geklingelt hat, ist hier nicht nötig. Die Hühner, die meine Gastfamilie im Hof halten, machen genug Lärm um die vielen Mitbewohner des kleinen Hauses wach zu machen. Noch bevor ich aufgestanden bin, kommt der erste Besuch und es laufen ein Radio und zwei Fernseher gleichzeitig.

Ich mache meine Augen auf und sehe durch den Spalt zwischen  Hauswand und Wellblechdach die ersten Strahlen der schon morgens sehr heißen Sonne herein scheinen. Von der Küche, die direkt neben dem großen Wohnraum im Hof liegt, ziehen die ersten Rauchschwaden des Feuers ins Haus herein.

Ich habe das große Glück, dass ich in meiner Gastfamilie ein eigenes Zimmer abbekommen habe. In dem Zimmer ist Platz für ein Bett, auf dem auch meine Klamotten gestapelt sind, und für einen kleinen Tisch mit Stuhl. Mein Zimmer ist von dem restlichen Raum nur durch halbhohe Holzwände abgegrenzt.

Kurz nachdem ich aufgestanden bin hat meine Gastmutter auch schon das Essen fertig vorbereitet. Es gibt wie jeden Tag Reis mit Bohnen, einer Tortilla und einem Stück Guajara (sehr salziger aber leckerer Käse).

Nach dem Frühstück laufe ich über den Hof, an den Hühnern vorbei, zur anderen Haushälfte, in dem sich ein Bad mit Toilette befindet. Die Bewohner meiner Haushälfte benutzen normalerweise ein Plumpsklo und duschen sich unter einem Gartenschlauch im Hof. Ich darf aber das richtige Bad benutzen.

Es befindet sich direkt neben dem Bett meiner Gastmutter und ist wie mein Zimmer nur durch halbhohe Wände abgegrenzt. An der hinteren Wand ist das Klo ohne Klobrille, direkt davor befindet sich ein Wasserhahn, unter dem ein Eimer steht. Die Dusche. Mit einem Schälchen kippe ich mir das eiskalte Wasser über den Kopf.

Auf dem Weg ins Projekt, laufe ich erst durch die steilen Straßen des Barrios Francisco Moreno, dass sich am Rand der Stadt den Berg hoch zieht, bis zur großen weißen Kathedrale, dem Zentrum Matagalpas. Frauen verkaufen auf der Straße Früchte, Getränke oder Maiskolben. Ich muss nicht lange warten, bis einer der Großen gelben uralten amerikanischen Schulbusse vor mir anhält. Ein Mann steigt aus und zählt laut alle Haltestellen des Busses auf. Ich quetsche mich in den vollen Bus, der sich kurz darauf durch die engen meist sehr steilen und unebenen Straßen bis zum Mercado Guanuca kämpft. Während der Fahrt springen ab und zu noch weitere Leute auf den Bus.

Am Markt Guanuca angekommen schlängele ich mich vorbei an hupenden Taxis, kleinen Jungs die Wasserbeutel für einen Cordoba verkaufen, vorbei an schlammigen Pfützen und dreckigen Arbeitern, vorbei an Stöckelschuhe tragenden, aufgetakelten Nicaraguanerinnen und verschiedensten Läden bis in mein Projekt „Las Hormiguitas“, wo ich stürmisch von den Kindern empfangen werde. Wenn man die Kinder so sieht, würde man nie denken, dass einige von ihnen neben der Schule schon arbeiten müssen. Erst wenn man dann nachmittags aus dem Projekt kommt und einem der Junge, dem man grade noch mit den Mathehausaufgaben geholfen hat, von der Ladefläche eines kleinen Lasters aus zuwinkt, versteht man, dass es die behütete Kindheit wie in Deutschland, nur für die aller wenigsten Nicaraguaner gibt.

Zusammen mit Maike sammele ich alle Sachen zusammen die für die Mobile Schule gebraucht werden. Sobald genug der älteren Projektkinder da sind, ziehen wir gemeinsam die Mobile Schule über die steile Schotterstraße. Durch den vielen Regen haben sich große Rinnen in der Straße gebildet und die Mobile Schule kommt mehrfach gefährlich ins schwanken.

Auf dem Marktplatz angekommen dauert es eine Weile bis sich die ersten Kinder an die Mobile Schule herantrauen.

Das Niveau der Kinder ist sehr unterschiedlich. Es gibt 12 Jährige Kinder, die die Zahl zwei nicht dem Symbol „2“ zuordnen können und Andere die selbst mit den schwierigsten Aufgaben der Mobilen Schule eher unterfordert sind.

Ohne dass ich es wirklich bemerke, spielen auf einmal 20 verschiedene Kinder an der Schule. Darunter auch einer der vielen Klebstoffschnüffler.

Nach zwei Stunden harter Arbeit in der Mittagssonne, bauen wir die Mobile Schule wieder zusammen und ziehen sie zurück ins Projekt. Nach einer kurzen Auswertung, in der es hauptsächlich um die Teilnehmer geht, haben Maike und ich anderthalb Stunden Pause. Zurück in meiner Gastfamilie bekomme ich wieder Reis mit Bohnen.
 mobile_schule-mercado_guanuca  strae_des_hormiguitas tiere_in_unserem_garten wasserfall

Den Nachmittag über arbeiten wir beide im Projekt. Da die Schulen vormittags für die eine Hälfte der Kinder geöffnet haben und nachmittags für die andere Hälfte, sind auch im Projekt nachmittags ganz andere Kinder als noch am Morgen.

Unsere Aufgabe ist jetzt die Hausaufgabenbetreuung. Viele der Projektkinder haben zuhause nicht die Möglichkeit in Ruhe und mit den richtigen Materialien, wie z.B. Büchern zu arbeiten, deswegen ist die Hausaufgabenbetreuung der wichtigste Bestandteil des Projekts.

Ich helfe einem Jungen dabei einen kleinen Text vom Englischen ins Spanische zu übersetzen. Englisch wird in den Privaten Schulen der Stadt zwar gelehrt, aber die ältere Generation spricht normalerweise gar kein Englisch und so sind Maike und ich oft die einzigen Ansprechpartner bei Fragen, die sich um Englisch handeln.

Zwischen 2 und 4 fängt es dann normalerweise an zu regnen, so dass ich um 4 auf dem Weg vom Projekt zur Sprachschule eigentlich immer nass werde.

Ich nehme zurzeit fast täglich 1½ Stunden Einzelunterricht, um möglichst schnell die Sprache so gut zu beherrschen, dass sie nicht mehr ein Problem bei der Arbeit darstellt.

 

 Wir freuen uns über Spenden für das Projekt Las Hormiguitas!

Kontoinhaber: WI e. V.  (Weltweite Initiative für soziales Engagement)

Kontonr: 861 1300, BLZ: 550 20 500, Betreff: Spende 73058

Website: http://sites.google.com/site/weltweiteinitiativeev/intro/Home


Um sechs Uhr abends gehe ich dann zurück in meine Gastfamilie, wo ich zum dritten Mal Reis und Bohnen esse. Danach bleibt noch ein wenig Zeit um Spanischhausaufgaben zu machen oder mich zum Rest der Familie vor den Fernseher zu setzen.

Der Fernseher läuft hier ohne Pause von morgens bis abends, was allerdings nicht heißt, dass auch wirklich die ganze Zeit faul vor dem Fernseher herum gehangen wird. Die Rheuma geplagte Uhroma hat zum Beispiel die Erziehung zweier Enkelkinder übernommen und kocht jeden Tag das Essen. Essen machen heißt in meiner Familie als aller erstes Holz hacken und Feuer machen. Daran, dass es Täglich Bohnen gibt, hab ich mich schon lange gewöhnt. Ich denke ich werde die Bohnen sogar echt vermissen, wenn ich ab dieser Woche für mich selber kochen muss.

Um 9 ist der Tag dann spätestens vorbei und ich kuschele mich in mein Bett. Die Matratze ist zwar hart, aber daran hab ich mich auch schon lange gewöhnt. Außerdem bin ich abends immer unglaublich müde. Wahrscheinlich weil es noch sehr anstrengend für mich ist, den ganzen Tag spanisch redenden Nicaraguanern zuzuhören.

Mein Leben hier besteht allerdings nicht nur aus Arbeiten, Essen, Spanisch Lernen und Schlafen. Ich habe auch schon ein paar nette Leute kennen gelernt, mit denen ich die Wochenenden verbringe. Außerdem habe ich schon enorm viel von der atemberaubenden Natur Nicaraguas gesehen.

Ich hoffe ich habe euch einen kleinen Einblick in mein neues Leben geben können. Ich freue mich auf jede Antwort oder Frage von euch. Natürlich auch über positive und negative Kritik oder Anregungen.
 

Liebe Grüße aus Matagalpa,

Daniel

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